Allgemein, Reisetagebuch: Finnland

Über den Anfang einer Reise

„Aller Anfang ist schwer.“, so sagt es ein bekanntes Sprichwort. Aber ich glaube, das stimmt nicht. Anfänge müssen nicht schwer sein. Manchmal dürfen Sie sich auch ganz leicht anfühlen, vielleicht wie eine Feder die vom Wind getrieben ganz seicht durch die Lüfte segelt und dann ganz zart, kaum spürbar auf den Boden trifft- angekommen.

Mein Anfang, mein Start in dieses eisige Abenteuer war auch leicht, leicht wie eine Feder im Wind. Natürlich kommt der Wind aus verschiedenen Richtungen und pustet die Feder immer mal wieder mal hier und mal dorthin. Das mag verwirrend sein, vielleicht fühlt es sich an wie verlorengehen. Aber eins ist der Feder sicher: sie hat sich selbst und sie wird ankommen -irgendwo- auch wenn sie noch nicht weiß wo das ist. Diese Gewissheit reicht ihr, um ruhig zu sein.
Ich fühle mich ein bisschen wie diese Feder, werde vom Wind durch die Luft getrieben, sehe Neues, Unbekanntes, höre fremde Sprachen, fühle und erlebe Noch-nie-Erlebtes. Das ist ein wenig verwirrend, ich habe erwartet wie ein Nervenbündel durch die Gegend zu laufen, zu suchen, so schnell wie möglich ankommen zu wollen, vielleicht ein bisschen unsicher- so bin ich manchmal. Nur nicht dieses Mal. Ich genieße das umhergetrieben werden und fühle mich dabei so sicher und wohl, dass ich es selbst kaum für möglich gehalten hätte. Es gelingt mir so gut auf mein Bauchgefühl zu hören, zu tun was ich möchte, zu lassen wonach mir gerade nicht ist. Es ist alles zu jedem Moment so genau richtig. Und ich bin schon jetzt gespannt wo diese Reise mich hinführt.

Nach einer Woche in Finnland kann ich noch gar nichts Zusammenhängendes berichten. Hatte noch nicht die Möglichkeit mir ein Bild vom großen Ganzen zu machen. Habe soviel über die Finnen und ihr Land gelesen und gehört und kann davon bisher nichts bestätigen oder revidieren. Da ist vielleicht eine kleine Ahnung von dem was dieses Land ausmacht, was wahr ist von dem was man liest, aber mehr auch nicht. Die Finnen sind große Kaffetrinker, die Mummins sind super, ja das stimmt wohl. Aber das ist auch alles, was ich weiß. Trotzdem möchte ich von meinen bisher schönsten Momenten erzählen. Von dem was ich erlebt habe und was mein ganz persönliches „typisch finnisch“ ist.
Da sind zwei Dinge, die ich wage benennen kann.

1. Vertrauen

2. Eine liebevolle Verbindung zur Natur

Also erst einmal über das Vertrauen:
Donnerstag Abend habe ich einen Spaziergang gemacht. Es muss gegen halb Acht gewesen sein. Der Tag war gemeinsam mit der Sonne bereits fast am Horizont verschwunden und hatte nur noch einen letzten Schein seines Lichts übrig, um die Nacht und die Dunkelheit noch ein wenig hinzuhalten. Die Welt um mich herum wurde in blaues Licht getaucht.  Der Schnee funkelte eifrig mit seinen tausend Kristallen, um den Tag zu unterstützen, den lezten Rest seines Lichts zu reflektieren.
Eine angenehme Atmosphäre, jedoch tatsächlich eher dunkel als hell.
Ich lief also durch die ruhigen Straßen der Wohnsiedlung, darauf vorbereitet keiner Menschenseele zu begegnen. Die Häuser waren diffus beleuchtet, einige Haustüren mit Lichterketten geschmückt. Hinter den Fenstern konnte ich Menschen entdecken, die vielleicht gerade für die Familie etwas kochten, oder den Kamin anfeuerten. Es war, auch von außen betrachtet, eine familiäre Stimmung zu spüren, gemütlich, warm, vertraut.
Zwischen einigen Bäumen, rechts von mir auf einem Hügel, hörte ich Kinderlachen. Und als ich meinen Blick in diese Richtung wendete, sah ich Kinder mit ihren Schlitten den Hügel runter rodeln. Sie quiekten und lachten und schienen sich an der Dunkeltheit nicht wirklich zu stören. Ich konnte auch keine Eltern hören, die ihre Kinder ins Haus riefen. Da war nur diese Gruppe von Kindern, die alleine, ziemlich fröhlich draußen spielten, an einem Donnerstagabend. Ich war erstaunt. Warum? Weil ich das nicht mehr kenne. Klar, als Kinder haben wir auch draußen gespielt, alleine, unbeaufsichtigt. Wir haben Drachen gejagt und Höhlen gebaut. Aber irgendwie ist das verloren gegangen. Ich will nicht sagen, dass es das in Deutschland nicht gibt. Aber ich habe schon einige Jahre keine Kinder mehr alleine draußen spielen sehen, vielleicht ein oder zwei Straßen von ihrem Zuhause entfernt. Sind wir zu ängstlich, haben wir Angst die Kontrolle zu verlieren? Wollen wir unsere Kinder vor all dem Unheil der Welt beschützen und nehmen ihnen damit die unersetzbare Möglichkeit Erfahrungen zu sammeln, einfach nur Kind zu sein, frei zu sein? Ich weiß nicht genau, was es damit auf sich hat. Noch bin ich nicht in der Situation entscheiden zu müssen, ob meine Kinder allein draußen spielen dürfen. Aber wenn es soweit ist, dann werde ich vielleicht an jenen Donnerstagabend im März in Finnland denken, einen Moment dieses friedliche und fröhliche Bild in mein Gedächtnis rufen und ihnen mit  einem warmen Gefühl von tiefem Vertrauen „viel Spaß!“ wünschen.

Über meine Erfahrungen mit der liebevollen Verbindung zur Natur möchte ich euch in einem weiteren Beitrag berichten, denn mich beschleicht das Gefühl, dass das ein groooooßes Thema ist. 🙂

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Ein Gedanke zu „Über den Anfang einer Reise“

  1. …heyyy, was für schöne Bilder du bei deinen Texten findest ! …und wie du diesmal das abstrakte Wort Vertrauen beschreibst, welches Bild du beschreibst, – erlebt hast – einfach toll !!!
    So sollten Kimder spielen und alle rundherum Vertrauen – besonders wir Erwachsene !!! So sollte Leben sein. Ich hoffe auch sehr, dass wenn ich mal ein Kind habe, mich die Ängste nicht überwältigen sondern ich grenzenlos Vertrauen kann ! !!!! Dann bin ich mal gespannt was du zum Thema Natur schreibst …Finnland & Natur gehören ja auch absolut zusammen . In Schweden hab ich auch so eine bezaubernde innere Ruhe gespürt !!!

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