Allgemein, Reisetagebuch: Finnland

Über eine liebevolle Verbindung zur Natur

Während ich diese Zeilen hier tippe, tanzen vor meinem Fenster mal wieder die Schneeflocken. Fluffig und leicht fallen sie aus den Wolken. Ihr merkt schon, meine Begeisterung für die weiße Pracht reißt nicht ab. Und auch sonst kann ich mich nicht sattsehen an der Natur, an dem was mich umgibt, wenn ich aus der Haustür trete oder auch nur aus dem Fenster schaue. Die weißen Stämme der Birken, die eingefrorenen Beeren an den Büschen, diese Kleinigkeiten faszinieren mich. Ich bin schon gespannt, wie alles aussehen wird, wenn der Frühling kommt, wenn die Knospen sprießen und der Schnee langsam taut.

Bevor ich mich auf den Weg nach Finnland gemacht habe, habe ich zuhause über eine ganze Zeit ein Buch angefertigt, in dem ich meine Ziele visualisiert habe. In einigen Artikeln hatte ich über die Methode des Vision Boards gelesen, sie für gut befunden – und sie natürlich gleich mal ausprobiert. Die Idee seine Ziele sichtbar und somit konkret und greifbar zu machen, hat mir zugesagt. Nur habe ich mich für ein unbenutztes Fotoalbum statt für ein Board entschieden und meine Ziele in verschiedene Kategorien eingeteilt (z.B. berufliche Ziele, Ziele die meine Lebensführung betreffen, etc.). Eine der Kategorien, die ich gewählt habe, heißt: Meine Verbindung zur Natur. Schon über einen langen Zeitraum hinweg, kam immer wieder dieser Wunsch, dieses Gefühl in mir hoch, mich auf eine bestimmte Weise mit der Natur zu verbinden. Wie das Ganze aussehen sollte, war mir noch nicht ganz klar. Würde es mir helfen bewusste Spaziergänge zu machen, sollte ich mehr Pflanzen in der Wohnung aufstellen, sollte ich die Natur um mich herum mehr nutzen, vielleicht ein Beet bepflanzen? Ich wusste nicht so richtig wo ich anfangen sollte.
Ich muss gestehen, dass es mir nicht besonders häufig gelungen ist, auf einem Spaziergang (der meistens nur stattgefunden hat, um etwas zu erledigen) die Natur um mich herum mal ganz aufmerksam wahrzunehmen, eine Verbindung zu spüren. Davon abgesehen, ist ja alles irgendwie bearbeitet und ich kenne nicht viele Stellen, die wirklich naturbelassen sind. Also ahnte ich schon, dass ich für meine Verbindung zur Natur etwas mehr tun muss, als in der Heimat um den Wall zu schlendern. Dass ich bis nach Finnland reisen muss, um diese Verbindung aufbauen zu können, damit habe ich zu dem Zeitpunkt noch nicht gerechnet.

Doch als ich hier angekommen bin, auf der Fahrt vom Flughafen gebannt und staunend aus dem Fenster geschaut habe, da war mir klar, dass ich an genau dem richtigen Ort gelandet bin, um mein Ziel zu erreichen, mein Versprechen an mich selbst wahrzumachen.  Es bietet sich einfach so viel Natur, die Lust macht sie zu erkunden, dass man nicht anders kann, als sie zu nutzen, eine ganz persönliche Bindung zu ihr aufzubauen.
Aber ich möchte euch von einem wunderschönen Erlebnis in der letzten Woche berichten, das mich die Verbindung zur Natur zum ersten Mal so richtig hat fühlen lassen:
Am Freitag, als meine Gasteltern von der Arbeit kamen, ging alles ganz schnell. „Wir gehen ein bisschen wandern, hast du Lust?“, fragte Merja. „Warum nicht…“, dachte ich und half dabei eine Tasche für unseren Ausflug zu packen. Darin verstauten wir neben einer Packung Würstchen noch eine Thermoskanne mit heißem Wasser, ein paar Teebeutel und für jeden eine kleine Holztasse. Dann fuhren wir mit dem Auto ein Stück und stellten es auf einem großen Parkplatz ab. Von da aus liefen wir also los, das Kind in der Trage, der Hund lief einige Meter voraus. An einer kleinen Holzhütte machten wir noch einen kurzen Stopp um etwas Feuerholz mitzunehmen (es gibt nämlich für jeden zugänglich einen Vorrat an Holz, um ein Lagerfeuer an einer der Feuerstellen zu machen). Wir stapften durch den hohen Schnee, umgeben von Tannen und noch höheren Schneebergen. Die Sonne stand bereits tief am Himmel und schickte ihr dämmeriges Licht zu uns. „Hier sind eigentlich die Stromschnellen.“, sagte Merja und zeigte auf die hügelige Schneelandschaft links und rechts von uns. Wir standen etwas weiter oben auf einer Holzbrücke und konnten weit über die gefrorenen Wasserstöme schauen. Es sah ein bisschen so aus als hätte jemand ein Chaos veranstaltet und einfach eine dicke weiße Decke drüber gelegt, um die Unordnung zu verbergen. An wenigen Stellen war die Eisschicht geschmolzen und es war ein Blick auf das lebendige Plätschern des Flusses zu erhaschen. Unser Weg führte uns weiter auf der hölzernen Brücke, vorbei an Birken und Tannen, die das Flussufer umsäumten. Mal wieder war es ganz still. In der Ferne konnte ich einige Vögel zwitschern hören und plötzlich war ich ein bisschen aufgeregt, als ich an die Würstchen und den Tee in unserer Tasche dachte. Gleich würden wir ein richtiges Lagerfeuer machen und draußen essen und trinken- im Winter. Der Gedanke war mir ein bisschen fremd, aber gleichzeitig freute ich mich so sehr auf dieses Erlebnis. Nach einer Weile hatten wir eine schöne Feuerstelle gefunden, die nah am einstigen Flussufer lag. Wir packten unser Proviant aus und machten es uns einen Moment auf der hölzernen Bänken bequem. Genossen- jeder für sich- die Ruhe und den Ausblick, die schwach wärmenden Sonnenstrahlen in unseren Gesichtern. Während Pekka das Feuer in Gang brachte, drehten wir anderen Vier noch eine kleine Runde, wagten uns näher an die eisbedeckten Stromschnellen heran. Ich betrachtete die Beulen, die unter der Schneedecke zu erkennen waren und versuchte mir vorzustellen mit welcher Wucht die Wassermassen hier sprudeln, wenn die Sonne all das Eis geschmolzen hat. Das muss ich unbedingt sehen, wenn es soweit ist, dachte ich. Und hatte schon ein neues Ereignis in der Natur auf das ich mich freuen konnte.
„Das Feuer ist so weit.“, hörte ich Pekka rufen und wir kletterten über ein paar große Steine zurück zu dem erhöhten Feuerplatz, wo orangene Flammen gemütlich vor sich hin knisterten. Pekka hatte die Würstchen schon auf einem Rost über dem Feuer plaziert. Wir gossen uns heißes Wasser in die Holztassen und warteten geduldig bis der Tee durchgezogen war. Dabei unterhielten wir uns ungezwungen über die ersten gemeinsamen Tage und stellten einstimmig fest, dass es nichts zu beklagen gab. Und das gab es wirklich nicht- so gar nichts!

Während wir dann in aller Ruhe unsere frischen Würstchen verspeisten (die über dem offenen Feuer gegrillt gleich doppelt so gut schmeckten), schaute ich mich noch einmal um. Es war kein Haus zu sehen, keine festen Wege weit und breit. Alles ganz natürlich. Und mittendrin eine Familie die gemütlich ihr Abendessen zu sich nimmt- im Wald- im Winter. Als wäre es das normalste der Welt.
Da wusste ich, das ist eine Verbindung zur Natur. Sie genießen, sie nutzen, sie bewundern. Vorgelebt von meiner finnischen Gastfamilie. Ein Glücksgefühl kribbelt in meinem Bauch- ich bin meinem Ziel ein Stückchen näher gekommen.

3 Gedanken zu „Über eine liebevolle Verbindung zur Natur“

  1. Hey… Ich habe mich ein wenig durch deine Beiträge gelesen und wollte nur loseerden, dass du eine sehr gesunde Einstellung zum Leben hast. So scheint es zumindest. In Zeiten wo soziale Medien uns dominieren, ist es schön zu sehen , dass sich jemand Gedanken über das Leben und allem was dazu gehört, macht. Durch die ganzen Medien sind vor allem junge Leute extrem stumpf geworden und identitätslos. Da kann man dir nur gratulieren. Es ist eine Sache Dinge zu erleben, eine andere was für einen Charakter man entwickelt. Da kann man dir nur gratulieren. Behalte das bei…

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    1. Hallo, ich danke Dir sehr für Deine Worte. Natürlich geht der Sog der sozialen Medien auch an mir nicht vorbei und ich setze mich immer wieder damit auseinander. Aber am Ende möchte ich mich doch lieber daran erinnern, wie schön meine Erfahrungen waren und nicht meine Instagrambilder 🙂

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      1. Ich kann dir den Film ‚Into the Wild‘
        nur empfehlen. Beschäftigt sih viel mit Natur, Besitztümern, inneren Frieden etc.
        Ich glaub der würde dir gefallen.

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